Hannover Messe 2021

Kognitive Internet-Technologien für eine agile, innovative und wettbewerbsfähige Industrie

Pressemitteilung /

© Fraunhofer CCIT/Fraunhofer IIS
Flexloc: flexible, selbst einmessende Lokalisierungslösung für automatisierte Produktions- und Logistikprozesse.
© Fraunhofer CCIT/Fraunhofer ISST
Dataspace Connector: Erweiterbare Architektur, die Unternehmen einen souveränen Datenaus-tausch ermöglicht.
© Fraunhofer CCIT/Fraunhofer IAIS
Der Multimodale Dialogassistent für die manuelle Qualitätskontrolle in der Industrie kann per Spra-che oder Gesten gesteuert werden.

Der Fraunhofer Cluster of Excellence Cognitive Internet Technologies CCIT zeigt auf der digitalen Hannover Messe (#HM21) vom 12. bis 16. April 2021 Schlüsseltechnologien für eine agile, innovative und wettbewerbsfähige Industrie. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präsentieren kognitive Systeme für eine zukunftsfähige Montage und Produktion, den Dataspace Connector als Basis für souveränen Datenaustausch durch die Teilnahme an GAIA-X und International Data Spaces sowie transparente Verfahren des Maschinellen Lernens für die Industrie.

Kognitive Internet-Technologien verbinden die physische Welt der Dinge mit der digitalen Welt der Daten und lernenden Algorithmen zu hochintelligenten Anwendungen. Sie erfassen Daten aus unterschiedlichen Quellen, lernen sie zu verstehen und optimieren bestehende Anwendungen bzw. öffnen die Tür für neue Geschäftsmodelle. »Im Fraunhofer CCIT bündeln über 20 Fraunhofer-Institute ihre Kompetenzen, um kognitive Internet-Technologien für die Industrie der Zukunft zu entwickeln. Dabei gehen die Forscherinnen und Forscher den nächsten Entwicklungsschritt bei Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge: Sie vereinen die Stärken von Mensch und digitaler Technologie. Wir freuen uns, auf der Hannover Messe 2021 konkrete Anwendungsszenarien und Lösungen zu präsentieren«, sagt Christian Banse, Leiter der Geschäftsstelle des Fraunhofer CCIT.

Vertrauenswürdige Elektronik und intelligente Sensorik

In einer agilen und flexiblen Industrieproduktion erfassen und kommunizieren vertrauenswürdige Elektronik und intelligente Sensorik Daten in Echtzeit. Beispiele zeigt der Fraunhofer CCIT an seinem digitalen #HM21-Messestand: Mit der intelligenten Schraubverbindung, die durch ein Dünnschichtsensorsystem schwer zugängliche Stellen und Bereiche permanent überwacht, können Verschraubungen z. B. an Brücken, Windkraftanlagen oder auch an Maschinen in Produktionsstraßen drahtlos und energieautark überwacht werden. Diese Kombination verschiedener Fraunhofer-Technologien und ihre Integration in einer Schraub-/Klemmverbindung ist als produktfähige Technologielösung bereits verfügbar.

Zudem entwickelt der Fraunhofer CCIT ein skalierbares Sensornetzwerk, das unterschiedliche Sensoren und die zugehörige Datenkommunikation für Aufgaben im Condition Monitoring, also der Zustandsüberwachung, integrieren kann, z. B. sogar direkt in Wälzlagern oder bei der Machine-to-Machine-Kommunikation. Somit können diese Systeme für jeden Einzelfall mit unterschiedlichen Messgrößen für verschiedenste aussagekräftige Schadensmerkmale angepasst werden. Mit intelligenter Sensorik, Funktechnologie und autarker Energieversorgung kann auch der Zustand von Werkzeugmaschinen kontinuierlich kontrolliert werden. Dies ist beispielsweise bei der Umformung und auch bei der Zerspanung ein Schlüsselelement, um die Prozesse zu optimieren. Gradmesser sind dabei unter anderem die Anzugskräfte und Temperaturen auf der Werkzeugoberfläche.

Durch das selbst einmessende Lokalisierungssystem FlexLoc lassen sich mobile Werkzeugmaschinen in der Halleninfrastruktur oder Werkzeuge in der Mensch-Maschine-Interaktion problemlos, flexibel und in Echtzeit platzieren bzw. vernetzen. So können beispielsweise durch die Anbringung von Sensorknoten auch fahrerlose Transportsysteme (FTS) mit einer Person interagieren, die einen zugehörigen Tag bei sich trägt.

Sichere Datenräume

Ein kontrollierbarer, souveräner und nachvollziehbarer Datenaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg ist essenziell, um im digitalen Wettbewerb mit agilen, intelligenten Dienstleistungsangeboten zu bestehen oder sogar den Markt anzuführen. Dies erfordert Software-Lösungen, die die Absicherung komplexer Verarbeitungsketten ermöglichen, indem sie ein breites Spektrum an Sicherheits- und Interoperabilitäts-Anforderungen abdecken und gleichzeitig einfach in bestehende IT-Infrastrukturen integrierbar sind.

Der Dataspace Connector (DSC), der auf dem Messestand des Fraunhofer CCIT vorgestellt wird, erfüllt diese Anforderungen: Er verfügt über eine erweiterbare Architektur, die Unternehmen einen souveränen Datenaustausch ermöglicht und durch entsprechende Konfigurationen flexibel, einfach und nachvollziehbar an die individuellen Geschäftsprozesse und Anforderungen der Unternehmen angepasst werden kann. 

Unternehmen können die als Open Source verfügbare Connector-Lösung zum Beispiel in eine vorhandene Container-Infrastruktur integrieren. Da die Daten vor dem Austausch über Connectoren geschützt und mit Nutzungsregeln versehen werden, behält der Datengeber auch nach dem Austausch die Kontrolle über seine Daten und damit einen Überblick darüber, was mit den Daten geschieht. Durch entsprechende Erweiterungen unterstützt der DSC außerdem die drei Sicherheitsstufen, die in der DIN SPEC 27070 spezifiziert werden. So können Unternehmen leicht und effizient in die Nutzung der europäischen Dateninfrastruktur GAIA-X einsteigen. Der DSC ist unter Apache 2.0. lizenziert und frei verfügbar. 

Der Fraunhofer CCIT erarbeitet kontinuierlich Angebote zur Absicherung von Geschäftsprozessen, damit Nutzungsbedingungen nachvollziehbar durchgesetzt werden können. Diese Lösungen ermöglichen ein Vertrauen in verteilte Geschäftsprozesse auch bei steigender Komplexität der Verarbeitungsketten und adressieren damit die Anforderungen der Industrie. 

Maschinelles Lernen für die Industrie 4.0

Die durch die Digitalisierung gewonnenen Daten können Industrieunternehmen in innovativen Lösungen der Künstlichen Intelligenz anwenden. Das vom Fraunhofer CCIT mitgeprägte »Informed Machine Learning« ermöglicht es Unternehmen, die Entscheidungsfindungen lernender Systeme transparent nachzuvollziehen und an den richtigen Stellen einzugreifen – eine wichtige Voraussetzung, um Qualität, Verlässlichkeit und Risiken abzuschätzen. Beispiele für konkrete Anwendungsszenarien in der industriellen Fertigung zeigen die Forschungsteams unter anderem anhand der Qualitätskontrolle an ihrem digitalen Messestand.

So erkennt ein intelligentes System, bestehend aus einem herkömmlichen Bilderkennungsverfahren und innovativen KI-Methoden, Schäden und Fehler wie Lackeinschlüsse oder Hagelschäden auf reflektierenden Oberflächen (z. B. Karosserieteilen) und kategorisiert die gefundenen Defekte automatisch. Eine weitere Technologie verbindet Sprach- und Gestensteuerung zu einem multimodalen Dialogassistenten für die Industrie. Das System ermöglicht mit einem sehr geringen Zeitaufwand eine vollständig digitale Fehlerdokumentation in der Produktion direkt am Bauteil. Anwendende können dabei zwischen intuitiven Zeigegesten und einem Laserpointer als Eingabemethode wählen und Fehlerstellen auf einem Bauteil schnell, präzise und intuitiv markieren. Ein weiteres Exponat zeigt kognitive Werkzeuge, die Werkerinnen und Werker digital assistieren, beispielsweise beim Wartungsprozess an einer Umformpresse. Das am Schrauber angebrachte Modul erkennt einzelne Arbeitsschritte und gleicht sie mit dem Sollprozess ab. Ein zusätzliches Lokalisierungssystem (QR-Code Tracking) stellt sicher, dass die Arbeitsschritte am korrekten Ort durchgeführt werden. Über eine App erhält der Werker live Feedback über den Fortschritt seiner Arbeit.